Siegel kommen seit dem Mittelalter in unterschiedlichsten Erscheinungsformen vor und bestehen aus vielfältigen Materialien mit zahlreichen Eigenschaften. Als Verschluss- und Beglaubigungsmittel an Briefen und Urkunden angehängt, abgehängt, aufgedrückt oder durchgedrückt, zeigen sie, um nur einige Beispiele zu nennen: Gebäude (Architektursiegel), Personen, zum Teil mit Attributen wie der Krone oder dem Zepter (Portrait- oder Bildnissiegel bzw. Majestätssiegel), ein mit freier Hand ausgeführtes Zeichen (Notariatszeichen) oder einen Reiter auf springendem Pferd (Reitersiegel). [1]
Ebenso vielfältig sind auch die zeitbedingten Schädigungen, die an ihnen auftreten. Zunächst wird auf die wichtigsten Siegelarten gesondert eingegangen, des Weiteren folgt eine Beschreibung der Problemstellungen, welche die diffizile Aufgabe der Erhaltung dieses Kulturgutes mit sich bringt.

Siegelarten

Das wohl bekannteste und am häufigsten anzutreffende Siegel ist das Wachssiegel. Auch Metallsiegel waren durchaus verbreitet. Des Weiteren zählen Papiersiegel, Oblatensiegel und Lacksiegel zu den Siegelarten.

Petschaft oder Typar

Ein Petschaft oder Typar ist ein Siegelstempel mit Griff, bestehend aus Metall, welcher das Eindrücken (Siegeln) eines Siegels in verschiedene Materialien (Wachs, Lack, etc.) ermöglicht. Die ältere Form des Siegelstempels ist der Siegelring. [2/3]

Wachssiegel

Da reines Bienenwachs zu weich für die Verarbeitung zum Siegel ist, wurden diesem Zusatzstoffe beigemengt, um dessen Festigkeit zu erhöhen. Dazu gehörten Fette, Harze, Kreide, Mehl und Leinöl. Durch Kneten wurde meist ein wächserner „Behälter“ geformt, welcher mit einer Schicht aus feinerem Wachs gefüllt wurde. Dieses konnte anschließend durch den jeweiligen Siegelstempel in Form gebracht werden. [1]
Dabei zeigten die unterschiedlichen Farben des Siegelwachses an, um welches Siegel es sich handelte. Während schwarzes Wachs zum Teil bis heute noch für Trauerbriefe Verwendung findet, weist grünes Wachs auf Stifte und Klöster hin, weißes Wachs hingegen auf Freie Reichsstädte. Die rote Färbung war Kaisern und Königen vorbehalten. [2]

Metallsiegel

Je nach gesellschaftlichem Rang und Vermögen konnten diese Siegel entweder aus Blei, Silber oder Gold hergestellt werden. Am häufigsten fand Blei Verwendung, während Gold hingegen nur von Königen, Fürsten, Kaisern, oder in selteneren Fällen, auch von Päpsten eingesetzt wurde. Alle Arten von Metallsiegeln werden auch als Bullen bezeichnet. Zwei Metallplättchen (Blei, Gold, selten Silber) werden mithilfe des Siegelstempels zusammengepresst und gleichzeitig geprägt. Zwischen ihnen befindet sich die Siegelschnur, welche das Siegel mit dem Dokument verbindet. [4]

Papiersiegel

Im Papier zu sehen ist der Abdruck des Siegels, während sich darunter die Substanz befindet (Lack, Wachs oder eine Oblate) welche dem Siegel seine plastische Form verleiht. Das obenliegende Papier (Tektur bzw. Abdeckung), seltener Pergament, tritt meist in rauten- oder sternförmiger Erscheinung auf und wird mithilfe des erhitzten Siegelstempels auf den Untergrund (beispielsweise eine Urkunde) gedrückt. [1]

Oblatensiegel

Oblaten sind sehr flache, aus Weizenmehl gebackene Scheiben, welche Binde- und Farbmittel enthalten, und unter anderem mit Zinnober, Indigo oder Lampenruß gefärbt werden konnten. Man stattete sie mit einem Papierblättchen aus, der Tektur, die vermutlich ein Zusammenkleben beim Falten des Schriftstücks verhindern sollte. Die frühesten Oblatensiegel können in das 16. Jahrhundert zurückdatiert werden. Ob vorher schon auf diese Weise gesiegelt wurde, ist nicht bekannt. [1]

Lacksiegel

Dieses Material ist im Vergleich zu Wachs deutlich beständiger gegenüber Hitze und wird seit dem 16. Jahrhundert nachweislich zum Siegeln eingesetzt. [2]
Hauptsächlich zum Verschließen bzw. Versiegeln von Briefen verwendet oder als kleine Tropfen zum Fixieren der Ecken einer Tektur, handelt es sich bei den ursprünglichen Bestandteilen um Schellack und Kolophonium, versetzt mit Terpentin oder Terpentinöl. Auch der Lack wurde bei Bedarf häufig gefärbt. [1]

Schäden an Siegeln

Aufgrund der vielfältigen Materialien, welche in der Herstellung von Siegeln Verwendung fanden und immer noch finden, stellt die Restaurierung derselben eine komplexe Aufgabe für Fachleute dar. Aus diesem Grund sollten unbedingt Restauratoren hinzugezogen werden, bevor Maßnahmen zu Konservierungs- und Restaurierungszwecken an Objekten vorgenommen werden!

Fehlstellen, Risse, Brüche

Die wohl am häufigsten auftretenden Schäden an Siegeln werden durch deren natürlichen Alterungsprozess verursacht. Dabei handelt es sich um Fehlstellen, Risse und Brüche. Ebenfalls kann ein Ablösen vom Untergrund (dem Dokument) stattfinden, welches durch einen Abbau oder Zerfall des Trägermaterials beschleunigt werden kann. Hauptsächlich sind diese Arten von Schäden bei Oblaten-, Lack- und Wachssiegeln anzutreffen. Bezüglich der Wachssiegel gibt die Archivdirektion Baden-Württembergs im Zuge ihrer Restauratorenfortbildung im Jahr 2002 verschiedene Rezepte zur Herstellung des Wachses für die Restaurierung an. [1]

Dellen, Kratzer, Hitze

Im Vergleich zu Lack-, Wachs- und Oblatensiegeln sind Metallsiegel im Hinblick auf Fehlstellen, Risse und Brüche relativ stabil. Es kann zwar auch in Einzelfällen zu einem Bruch im Metall kommen (beispielsweise durch Bleifraß), welcher mit Fehlstellen einhergehen kann, anstelle von Rissen kommt es jedoch meist durch unvorsichtige Handhabung zu Kratzern oder Deformierungen in der Oberfläche. Dies kann auch durch fehlerhaftes Verpacken verursacht werden. Zuviel Druck kann insbesondere Goldbullen verpressen, da es sich hierbei, besonders in Reinform, um ein sehr weiches Metall handelt.
Ebenfalls kritisch sind Hitzeeinwirkungen, zum Beispiel im Falle eines Brandes. Metall, insbesondere Blei, schmilzt sehr schnell [1].
Eine geeignete Schutzverpackung aus alterungsbeständigem, säurefreiem Karton kann Folgeschäden während des Hantierens vorbeugen.

Schmutz mit Schimmel als Folgeerscheinung

Unsachgemäße Lagerung sowie das Unterlassen von Reinigungsmaßnahmen können nicht nur zu einer optischen Beeinträchtigung führen, sondern sogar Schimmel verursachen. Auf Staub beispielsweise können sich in der Luft befindliche Pilzsporen sehr gut ablagern, insbesondere bei Feuchtigkeit findet ein schnelles Wachstum der Zellgeflechte statt. Ein saures Milieu fördert ebenfalls die Ausbreitung, etwa bei einem pH-Wert zwischen 4 und 6. Außerdem kann die Temperatur ein Faktor sein. Werte zwischen 15°C und 30°C liegen im bedenklichen Bereich. Auch wenn diese Faktoren im Einzelfall nicht sofort zu Schädigungen führen, so können sie in Kombination, über einen längeren Zeitraum unbeachtet gelassen, eine verheerende Wirkung erzielen. [5]
Weniger anfällig für Schäden durch Verschmutzungen sind auch in diesem Fall die Metallsiegel. Lediglich auf Silber und Blei kann es zu verstärkter Korrosion durch Schmutzablagerungen kommen. [1]
Während das Dokument selbst (Pergament oder Papier) meist mit einem Latexschwamm von oberflächlichem Staub und Verschmutzungen gereinigt werden kann, sollte das Siegel mit äußerster Vorsicht behandelt werden. Vor allem bei bereits brüchigen Lacksiegeln kann es zum Verlust einzelner Fragmente kommen. Beispielsweise mit Ziegenhaarpinseln oder unter Zuhilfenahme eines Museumsstaubsaugers lassen sich Feinstäube schonend abnehmen [6].

Fraßschaden

Besonders anfällig hierfür sind Oblatensiegel, da sie Stärke und Eiweiß enthalten. Auf Silberfischchen wirken sie deshalb anziehend [1].

Blätterteigschaden

Hierbei handelt es sich um ein spezielles Problem, das bei Wachssiegeln auftritt. Das Siegel erscheint dabei brüchig und in einzelne Schichten aufgespalten. Im Wachs haben sich verschiedene, kristalline Bereiche gebildet, welche zum völligen Zerfall des Siegels führen können. Dümmler hat im Verlauf ihrer Masterarbeit eine Methode zur Festigung dieser Siegel erarbeitet. [7]

Quellen

[1] Landesarchivdirektion Baden-Württemberg, Institut für Erhaltung von Archiv- und Bibliotheksgut: 4. Restauratorenfortbildung, Siegelrestaurierung, vom 10. bis 12.04.2002.
[2] Siegel:
https://de.wikipedia.org/wiki/Siegel
[3] Petschaft:
https://de.wikipedia.org/wiki/Petschaft
[4] Bulle (Siegel):
https://de.wikipedia.org/wiki/Bulle_(Siegel)
[5] Bedingungen für die Schimmelpilzbildung:
http://www.bauphysik-zimmer.de/leistungen/ursachenermittlung_von_schimme...
[6] Restaurierungspatenschaften:
http://historischesarchivkoeln.de/de/patenschaften/id/68?pic=3
[7] Dümmler, Maren: „Blätterteigsiegel“ – Schadensphänomen und Restaurierung, Köln, 2013.
http://www.hornemann-institut.de/german/epubl_ha_ausgabe.php?haid=2009&l...

04.12.2017 - 09:49

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